Faktencheck

Diskriminierend, ausgrenzend, entmündigend – Deswegen lehnen wir die Bezahlkarte ab:


Es gibt zahlreiche von der Politik vorgebrachte Gründe für die Einführung der Bezahlkarte. Fast alle davon haben keine tatsächliche Grundlage und dienen lediglich rechtspopulistischer Stimmungsmache. Wir hinterfragen diese Argumente und zeigen auf, warum wir die Bezahlkarte ablehnen.

Bezahlkarten sind rassistische Symbolpolitik

Ein Hauptargument für die Bezahlkarte ist die Behauptung, dass Geflüchtete mit Sozialleistungen Fluchthelfer*innen bezahlen oder Geld in ihre Herkunftsländer schicken. Dies soll mit der Bezahlkarte unterbunden werden. Diese Debatte ist bevormundend, denn niemand sonst wird vorgeschrieben, wofür das eigene Geld ausgeben werden darf. Außerdem ist die Aussage aus der Luft gegriffen, denn es liegen keine belastbaren Daten zu angeblichen Überweisungen von Sozialleistungen ins Ausland vor. Die Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind ohnehin so niedrig, dass sie nicht einmal das Existenzminimum abdecken.

Die Bezahlkarte ist daher reine Symbolpolitik – sie soll ein Problem lösen, das in Wirklichkeit nicht existiert. Weitere Informationen dazu gibt es in der Stellungnahme des DeZIM Instituts (S. 6ff).

Bezahlkarten ändern nichts an den Fluchtgründen

Eine weitere Behauptung ist, dass Deutschland wegen seiner Sozialleistungen besonders attraktiv sei und dass zur Begrenzung der Migration Bargeldauszahlungen eingeschränkt werden müssten. Eine Studie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge belegt klar: Sozialleistungen sind kein entscheidender Grund, nach Deutschland zu fliehen. Viel wichtiger sind Faktoren wie Sicherheit, bestehende Netzwerke von Familie oder Freund*innen oder wirtschaftliche Perspektiven.

Bezahlkarten diskriminieren

Mit der Bezahlkarte werden Bargeldabhebungen begrenzt. In den meisten Landkreisen können nur noch 50€ pro erwachsener Person pro Monat abgehoben werden. Gibt es einen größeren Bedarf, muss dies beantragt und von den Sozialämtern aufwändig und individuell geprüft werden. Doch viele alltägliche Dinge – wie Einkäufe auf dem Wochenmarkt, die Tafel, im Kiosk, öffentliche Toiletten oder Taschengeld für Schulausflüge – erfordern Bargeld. Dadurch wird die eigenständige Lebensgestaltung von Menschen mit Bezahlkarte unnötig erschwert und ihre gesellschaftliche Teilhabe eingeschränkt.

Bezahlkarten beschränken Bewegungsfreiheit

Mancherorts kann mit der Bezahlkarte ausschließlich im Landkreis des Wohnsitzes eingekauft werden, darüber hinaus funktioniert sie nicht. Diese Funktion der Karte zielt darauf ab, die Mobilität und Selbstbestimmung der Betroffenen gezielt zu begrenzen. 
Die Regelung führt faktisch zu einer indirekten Ausweitung der Residenzpflicht, also der gesetzlichen Vorgabe, sich nur in einem bestimmten Gebiet aufzuhalten. Dabei darf die Residenzpflicht laut Gesetz maximal drei Monate gelten. Unabhängig davon sollte sie grundsätzlich abgeschafft werden.

Mit der Bezahlkarte aus Brandenburg kann aktuell deutschlandweit bezahlt werden.

Bezahlkarten kontrollieren und überwachen

Jede Überweisung mit der Bezahlkarte muss zunächst vom Sozialamt freigegeben werden. Überweisungen ins Ausland und an nicht freigegebene Zahlungsempfänger*innen sind nicht möglich. Außerdem können bestimmte Geschäfte für die Bezahlkarte gesperrt werden. In Brandenburg darf die Bezahlkarte beispielsweise nicht für Glücksspiel genutzt werden. Die Kontrolle darüber, was Menschen kaufen dürfen und was nicht, entmündigt und offenbart vorhandene rassistische Vorurteile. Zu beschränken welche Geschäfte oder Aktivitäten mit der Bezahlkarte genutzt werden können, ist ein Eingriff in die persönliche Freiheit.

Bezahlkarten sind umständlich und teuer

Die Bezahlkarte soll den Verwaltungsaufwand der Kommunen senken, doch viele Landkreise überweisen bzw. überwiesen die zustehenden Leistungen bereits effizient auf Bankkonten. Denn jede Person hat ein Recht auf ein Basiskonto. Die Karte verursacht zusätzlichen Aufwand, etwa durch komplizierte Überweisungsfreigaben und wirft Datenschutzfragen auf. Statt Entlastung entstehen für die Kommunen Mehrarbeit und unklare Kosten, während vor allem die Anbieter der Karten profitieren.



Unter anderem wegen dieser Gründe schränkt die Bezahlkarte im Alltag ein. Sie ist stigmatisierend, diskriminierend und zudem verfassungsrechtlich zumindest fragwürdig. Wir rufen dazu auf, sich mit Menschen mit Bezahlkarte zu solidarisieren und gemeinsam gegen diese diskriminierende Praxis zu kämpfen!